Jagdhornbläser Hegering Roetgen
 Jagdhornbläser Roetgen
   Jagdhornbläserkorps des Hegerings Roetgen in der Kreisjägerschaft Aachen seit 1975
Tonbildung
.
Der Bläser baut in Bauch- und Brustraum einen Luftdruck auf. Die Zunge dient als Luftklappe. Wird sie geöffnet, entweicht durch die gespannten Lippen etwas Luft. Der dadurch verursachte geringe Druckabfall läßt die Lippen sich wieder schließen. Der Innendruck öffnet sie wieder. Der Vorgang wiederholt sich je nach Tonhöhe etwa 200 bis 1.400 mal pro Sekunde.

Hier haben wir also den Fall, dass nicht das Instrument sondern der Mensch selbst der Tongenerator ist. Unmittelbar erfahrbar wird dies beim Buzzing:

Buzzing [bʌzɪŋ] (engl. lautmalerisch für „Summen“) nennt man eine Technikübung beim Erlernen des Blasens von Blechblasinstrumenten.
Dabei wird ohne Mundstück geübt, also versucht, einen Ton allein durch Lippenschwingung, ohne die Unterstützung des Mundstückes oder gar des gesamten Instrumentes zu treffen und gerade zu halten. Diese Übung ist relativ anspruchsvoll, da zur Erhaltung der Lippenspannung ohne Mundstück sehr viel Kraft und die richtige Technik erforderlich sind. Eine Übergangsübung ist das Halten eines Tones auf dem Instrument und das langsame Entfernen desselben. Buzzing gilt in der modernen Blechbläserschule als eine unverzichtbare Übung für den klassischen Ansatz bei Instrumenten wie Trompete, Posaune, Waldhorn oder Tuba.

.
Naturhorn
.
Setzt man jetzt an die Lippen ein aufgebohrtes Tierhorn (Stier bis Elephant) oder ein Blechblasinstrument (bronzezeitliche Lure bis modernes Parforcehorn), so lassen sich bestimmte, von der Geometrie des Instruments (das heißt: im Wesentlichen von seiner Länge) abhängige Töne verstärken:
Physikalisch vereinfacht handelt es sich bei all diesen Instrumenten um offene Rohre, an deren einem Ende der Bläser periodisch einen Schalldruck erzeugt, der im Falle der Resonanz zu einer stehenden Welle führt. (Die rücklaufende Welle interferiert mit der ursprünglichen und verstärkt diese.)
Über die Länge des Rohres sind mehrere Schwingungsbäuche und –knoten vorstellbar. Die Grafik zeigt schematisch die Druckverhältnisse beim Grundton und den beiden ersten Obertönen:

Schalldruckverteilung über die Rohrlänge

.

Die folgende Grafik veranschaulicht den selben Sachverhalt der Schalldruckverteilung bei stehenden Wellen innerhalb eines konischen Schallrohres durch Änderung der Farbintensität:
.
Stehende Wellen des Grundtons und der ersten vier Obertöne


.
Praxis
.
Versucht der Bläser zu jaulen, also die Blasfrequenz kontinuierlich zu verändern, so wird dies mit dem Mundstück allein gelingen.
Setzt er jedoch das Jagdhorn an, so sind nicht mehr alle Frequenzen blasbar. Spürbar „rastet" der Ton jeweils bei Erreichen der Resonanzfrequenzen ein, wird klar, offen und leicht spielbar.
(Der Grundton spricht oft sehr schlecht an; deshalb beginnt die spielbare Naturtonreihe mit dem ersten Oberton. Verdopplung der Frequenz entspricht dem Tonintervall einer Oktav.)

.
Schalldruck gegen Erregerfrequenz beim Fürst-Pless-Horn

.
Spielt eine Gruppe von Bläsern mit Instrumenten der selben Baureihe eines Herstellers, ist die Stimmung nahezu zwangsläufig gut. Zusätzlich induziert ein Bläser im Horn des Nachbarn den von ihm geblasenen Ton und erleichtert so Letzterem das Spielen des gleichen Tons.

Achtung aber beim Instrumentenkauf oder dem Eingliedern eines vorhandenen Instruments in eine Bläsergruppe:
Da ein reales Instrument in seinen Eigenschaften (Lötstellen, Konizität, Materialstärke, Legierung, Elastizität etc.) vom idealen Rohr abweicht, muss mit Hilfe eines Stimmgeräts geprüft werden, ob es in sich stimmt, ob also bei konstanter Blastechnik und sinnvoll fixiertem Stimmzug alle Töne korrekt erklingen.
Nur ein solches, in sich stimmendes Instrument sollte benutzt werden.
Der Stimmzug verschiebt ja durch Veränderung der Länge des Instruments nur die gesamte Tonlage; ein einzelner, falsch liegender Ton kann damit nicht korrigiert werden.
Es ist nahezu unmöglich, gerade bei hohen Tönen und im normalen Blasbetrieb den falsch liegenden Ton eines schlechten Instruments durch veränderte Blastechnik verlässlich in die richtige Frequenz zu zwingen.

.
Mundstück
.
Das eben beschriebene Rohr bringt nur dann angenehme Töne hervor, wenn die Schnittstelle zum Menschen, das Mundstück, passt.
Eine Wissenschaft für sich: Nicht umsonst nennen sich die Hersteller Mundstückbauer, entwickeln ständig weiter und benutzen präzise CNC-Maschinen zur Produktion.

.
Details eines Mundstücks

.
Generell läßt sich sagen:

Der Rand muss den Lippen des Bläsers angenehm sein.
Kesselkontur und Kesseltiefe müssen zum Instrument passen.
- flacher Kessel: passend zur Trompete: scharfe, hohe Töne
- tiefer Trichter: passend zum Waldhorn: weiche, tiefe Töne
- weite Bohrung: tiefe Lage

Das Plesshorn ähnelt dem Flügelhorn, erfordert also einen tieferen Kessel als die Trompete.
Die Parforcehörner sind eng dem Waldhorn verwandt; folglich benötigen sie ein tiefes Trichter-Mundstück.


Zuerst muss ein Bläser sich Kondition und stabilen Ansatz erarbeiten, bevor er auf die Suche geht und selbst entscheidet, ob ein neues Mundstück ihm wirklich Vorteile bringt.
.
Welches nehmen wir denn heute?

.
Man kann es auch exzessiv betreiben:
So ließ ich mir von Bruno Tilz ein Pless-Mundstück anfertigen: Extrem tiefer Trichter mit weiter Bohrung und scharfem Rand, ein „Modell Prof. Höltzel“, auf dessen persönliche Empfehlung hin.
Längst habe ich es an einen Es-Horn-Bläser weitergegeben, weil ich damit nur dumpfe, tiefe Töne spielen konnte.
Umgekehrt nutze ich selten aber gern als „Nachbrenner“ ein Hablowetz-Doppelkessel-Mundstück für Trompeten, wenn besonders die hohe Lage gefordert ist.

.